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Dienstag, 19. Mai 2009
Mensch und Meer
moralist, 01:30h
Peter Haggett eröffnet sein Lehrbuch "Geography: A modern synthesis" mit dem Kapitel "Am Strand" und macht darin grundlegende Prinzipien der Geographie deutlich. Nun geht es in der Geographie immer um Räume, zunächst um Naturräume und das was der Mensch daraus macht und gerade deshalb ist auch der Strand ein so einleuchtendes Exempel. Denn hier zeigt sich das Verhältnis des modernen Menschen zur Natur besonders deutlich.
Der Strand ist für die meisten Menschen – ich nehme mich da ausdrücklich nicht aus – ein nahezu magischer Ort:
Der Übergang vom Land zum Meer, das Ineinandergreifen der Elemente Erde und Wasser, das Amphibische, das uns fasziniert und vielleicht an bedeutende Schritte in der Evolution erinnert und die Ahnung der Unendlichkeit beim Blick auf den nassen Horizont, dabei aber das sichere Gefühl des vermeintlich festen Bodens unter den Füßen.
Meist ist es Sandstrand, ein unermesslicher Sandkasten für Kinder, die Erinnerung daran für alle anderen. Denn Strände, wie wir sie kennen, sind nicht zuletzt deshalb so angenehm, weil sie täglich im Morgengrauen mithilfe von ausgeklügelten Maschinen von dem gereinigt werden, was die grausame Natur oder der säuische Mensch im Laufe der Nacht an die sandigen Gestade spülen lässt: Quallen, Seegurken, Seetang, Plastikflaschen, Kondome, Fischleichen, Ölklumpen…
Auch das Klima ist dem Menschen gnädig: „Maritim“ heißt für den frierenden Nordeuropäer winterliche Milde und ist für den Bewohner des mediterranen Raumes Schutz vor der Hitze des Landesinneren.
Fassen wir also zusammen: Am Strand ist es schön, nahezu unbeschreiblich schön, und jeder, der nicht etwas wunderlich ist, sondern seinen angebornen Instinkten folgt, wird es dort ebenfalls schön und angenehm finden!
In der alten Zeit lebten an der Küste diejenigen, die nicht nur am, sondern vom Meer lebten, dazu noch ein paar andere, die es sich leisten konnten und nicht arbeiten mussten, beziehungsweise als Diener für die arbeiteten, die nicht arbeiten mussten.
Das ist heute anders:
Die Fortschritte in der Erschließung des Landes und die technischen Errungenschaften des derzeitigen Flugverkehrs machen es möglich irgendwo in Europa sein Geld zu verdienen und dennoch die Vorzüge einer Zweitimmobile am mediterranen Strand zu genießen. Die Sommerresidenz ist damit nicht nur selbstverständlicher Lebensstil der Eliten, sondern ein realisierbarer Traum der Mittelschicht geworden! Auch für die aus anderen Teilen Europas, seit es die sogenannten Billigflieger gibt, die die Distanzen zwischen der Heimat der niederbayerischen Zahnärzte und westfälischen Abteilungsleiter und ihren Ferienimmobilien auf erträgliche zwei Stunden Flugzeit zusammenschmelzen lassen und das zu einem Preis, den in München schon ein Opernbesuch kostet!
Nun war man nicht überall am Mittelmeer so großzügig beim Ausweisen von Baugebieten und beim Erteilen von Baugenehmigungen. Die Küste bei Alicante, Playa de San Juan, ist jedoch nahezu flächendeckend bebaut. Je näher man an den Strand kommt, desto höher, dichter und teurer.
Jetzt, Anfang Mai, ist das Ganze ein pseudourbanes Konglomerat, ein Städte-Zombie, untot, eine Großstadt zwar nach der Physiognomie, jedoch leblos und steril.
Die großen Appartement-Häuser sind zu ungefähr einem Viertel bewohnt, es gibt kaum Autos auf den Straßen, die Restaurants sind halbleer oder geschlossen, und das bei 26° und Sonnenschein. An buchstäblich jedem Haus findet man „se vende“-Schilder.
Und trotzdem: Auch wenn man all das weiß, auch wenn man die Wirtschaftsdaten von Spanien kennt, die Abhängigkeit des Booms der letzten Jahre von der Bauwirtschaft, wenn man weiß, dass der Klimawandel Spanien bedroht wie kein anderes Land Europas, wenn man weiß, dass das Wasser aus der Leitung nicht genießbar ist und hier Meerwasserentsalzungsanlagen mittlerweile notwendig sind; auch wenn man ahnt, dass das alles eigentlich nicht funktionieren kann, all die Appartementhäuser, Langzeittouristen, Billigflieger, Immobilienspekulanten, die deutschen Karnevalsvereine und die Lidl-Anzeigen auf deutsch, die größenwahnsinnigen Gewerbegebiete und Yachthäfen…
Wenn man abends an diesem Strand sitzt, nach sieben Gängen exquisiter Speisen und maßvollem Genuss von exzellentem Wein, konsumiert in der Gesellschaft ausnahmslos sympathischer Menschen auf Einladung eins reizenden Brautpaares, dann entfaltet der Strand natürlich seine bekannte Wirkung.
Alles ist gut!
Wieviel kostet eigentlich eine Wohnung mit Meerblick in Playa des San Juan?
Der Strand ist für die meisten Menschen – ich nehme mich da ausdrücklich nicht aus – ein nahezu magischer Ort:
Der Übergang vom Land zum Meer, das Ineinandergreifen der Elemente Erde und Wasser, das Amphibische, das uns fasziniert und vielleicht an bedeutende Schritte in der Evolution erinnert und die Ahnung der Unendlichkeit beim Blick auf den nassen Horizont, dabei aber das sichere Gefühl des vermeintlich festen Bodens unter den Füßen.
Meist ist es Sandstrand, ein unermesslicher Sandkasten für Kinder, die Erinnerung daran für alle anderen. Denn Strände, wie wir sie kennen, sind nicht zuletzt deshalb so angenehm, weil sie täglich im Morgengrauen mithilfe von ausgeklügelten Maschinen von dem gereinigt werden, was die grausame Natur oder der säuische Mensch im Laufe der Nacht an die sandigen Gestade spülen lässt: Quallen, Seegurken, Seetang, Plastikflaschen, Kondome, Fischleichen, Ölklumpen…
Auch das Klima ist dem Menschen gnädig: „Maritim“ heißt für den frierenden Nordeuropäer winterliche Milde und ist für den Bewohner des mediterranen Raumes Schutz vor der Hitze des Landesinneren.
Fassen wir also zusammen: Am Strand ist es schön, nahezu unbeschreiblich schön, und jeder, der nicht etwas wunderlich ist, sondern seinen angebornen Instinkten folgt, wird es dort ebenfalls schön und angenehm finden!
In der alten Zeit lebten an der Küste diejenigen, die nicht nur am, sondern vom Meer lebten, dazu noch ein paar andere, die es sich leisten konnten und nicht arbeiten mussten, beziehungsweise als Diener für die arbeiteten, die nicht arbeiten mussten.
Das ist heute anders:
Die Fortschritte in der Erschließung des Landes und die technischen Errungenschaften des derzeitigen Flugverkehrs machen es möglich irgendwo in Europa sein Geld zu verdienen und dennoch die Vorzüge einer Zweitimmobile am mediterranen Strand zu genießen. Die Sommerresidenz ist damit nicht nur selbstverständlicher Lebensstil der Eliten, sondern ein realisierbarer Traum der Mittelschicht geworden! Auch für die aus anderen Teilen Europas, seit es die sogenannten Billigflieger gibt, die die Distanzen zwischen der Heimat der niederbayerischen Zahnärzte und westfälischen Abteilungsleiter und ihren Ferienimmobilien auf erträgliche zwei Stunden Flugzeit zusammenschmelzen lassen und das zu einem Preis, den in München schon ein Opernbesuch kostet!
Nun war man nicht überall am Mittelmeer so großzügig beim Ausweisen von Baugebieten und beim Erteilen von Baugenehmigungen. Die Küste bei Alicante, Playa de San Juan, ist jedoch nahezu flächendeckend bebaut. Je näher man an den Strand kommt, desto höher, dichter und teurer.
Jetzt, Anfang Mai, ist das Ganze ein pseudourbanes Konglomerat, ein Städte-Zombie, untot, eine Großstadt zwar nach der Physiognomie, jedoch leblos und steril.
Die großen Appartement-Häuser sind zu ungefähr einem Viertel bewohnt, es gibt kaum Autos auf den Straßen, die Restaurants sind halbleer oder geschlossen, und das bei 26° und Sonnenschein. An buchstäblich jedem Haus findet man „se vende“-Schilder.
Und trotzdem: Auch wenn man all das weiß, auch wenn man die Wirtschaftsdaten von Spanien kennt, die Abhängigkeit des Booms der letzten Jahre von der Bauwirtschaft, wenn man weiß, dass der Klimawandel Spanien bedroht wie kein anderes Land Europas, wenn man weiß, dass das Wasser aus der Leitung nicht genießbar ist und hier Meerwasserentsalzungsanlagen mittlerweile notwendig sind; auch wenn man ahnt, dass das alles eigentlich nicht funktionieren kann, all die Appartementhäuser, Langzeittouristen, Billigflieger, Immobilienspekulanten, die deutschen Karnevalsvereine und die Lidl-Anzeigen auf deutsch, die größenwahnsinnigen Gewerbegebiete und Yachthäfen…
Wenn man abends an diesem Strand sitzt, nach sieben Gängen exquisiter Speisen und maßvollem Genuss von exzellentem Wein, konsumiert in der Gesellschaft ausnahmslos sympathischer Menschen auf Einladung eins reizenden Brautpaares, dann entfaltet der Strand natürlich seine bekannte Wirkung.
Alles ist gut!
Wieviel kostet eigentlich eine Wohnung mit Meerblick in Playa des San Juan?
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