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Samstag, 17. April 2010
Forsythienfrühling
moralist, 01:40h
Jetzt, gerade in diesen Tagen, machen sie wieder unübersehbar auf sich aufmerksam und trumpfen auf - mit einem fast unanständigen Gelb, das grelle Farbtupfer auf die ansonsten noch mit einer ziemlich fahlen Farbpalette gemalte Ansicht der Vorstadtgärten zaubert.
Es ist ein sehr sattes Gelb, selbstbewusst, fast schon aufdringlich und penetrant wie die FDP.
In ein paar Tagen ist dann wieder alles vorbei: Die Blüten welken und es dauert einige Wochen, bis dann die Blätter voll entwickelt sind und die Äste mit einem satten Grün umgeben.
Nähme man es genau und wäre die Welt der Botanik gerecht, dann hieße diese Pflanze Fortunia, denn Robert Fortune, der englische Gärtner, dem Indien den Tee zu verdanken hat, war es, der die Forsythie aus China nach Europa gebracht hat. Damals war der Widmungsträger, der die Pflanze, die nach ihm benannt wurde, niemals gesehen, geschweige denn berührt hat, schon fast 40 Jahre tot.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet sich nun diese hübsche, aber ökologisch völlig nutzlose Pflanze in unseren Gärten, protzt jedes Jahr im Frühjahr ein paar Tage knallgelb herum und ist im Rest des Jahres unauffällige Gründekoration vor architektonischer Hausmannskost.
Es ist ein sehr sattes Gelb, selbstbewusst, fast schon aufdringlich und penetrant wie die FDP.
In ein paar Tagen ist dann wieder alles vorbei: Die Blüten welken und es dauert einige Wochen, bis dann die Blätter voll entwickelt sind und die Äste mit einem satten Grün umgeben.
Nähme man es genau und wäre die Welt der Botanik gerecht, dann hieße diese Pflanze Fortunia, denn Robert Fortune, der englische Gärtner, dem Indien den Tee zu verdanken hat, war es, der die Forsythie aus China nach Europa gebracht hat. Damals war der Widmungsträger, der die Pflanze, die nach ihm benannt wurde, niemals gesehen, geschweige denn berührt hat, schon fast 40 Jahre tot.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet sich nun diese hübsche, aber ökologisch völlig nutzlose Pflanze in unseren Gärten, protzt jedes Jahr im Frühjahr ein paar Tage knallgelb herum und ist im Rest des Jahres unauffällige Gründekoration vor architektonischer Hausmannskost.
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Freitag, 16. April 2010
Die (Alt)Last der Geschichte
moralist, 01:12h
In anderen Städten würden sie sich die Finger abschlecken bis hinauf zu den Ellenbogen, wie man hier so schön sagt, hätte man eine solche Fläche mitten in der Stadt zur Verfügung, auf der man etwas Gutes für die Stadt schaffen könnte.
großes Panoramabild
Gelegen am Rand einer einzigartigen Grünanlage, direkt an der Donau, in unmittelbarer Nähe zum spätgotischen Herzogssschloss in direkter Nachbarschaft zur Altstadt liegt ein Grundstück mit mehr als 40.000 qm, das die Geschichte und die wechselnden Geschicke in dieser Stadt so sichtbar macht, wie kaum ein anderer Ort in dieser unbegreiflichen Stadt. Hier war ein eminent wichtiger Teil der bayerischen Landesfestung des 19. Jahrhunderts, deren Reste heute noch im Untergrund und in Gestalt des Kavalier Dalwigk zu finden sind, und hier war mit der "Königlichen Geschützgießerei" die Keimzelle der industriellen Entwicklung dieser Stadt und hier wurde noch 1994, mitten in der Innenstadt, Eisen geschmolzen und gegossen. Dann wurde die Gießerei dichtgemacht, die Gebäude abgerissen, bis auf ein paar Reste, die der Denkmalschutz bewahrt hatte. Und hier herrscht nun seit vierzehn Jahren das, was sonst hier in der Boomtown verpönt ist, was es im Selbstverständnis der hier Regierenden und Wichtigen nicht geben darf: Stillstand, Stagnation!
Und warum:
Die Erwartungen - zu vielfältig!
Das Grundstück - zu groß!
Die Ideen -zu viele!
Die Renditeerwartungen - zu hoch!
Und deshalb kommt hier seit Jahren nichts heraus und angesichts der bisher vorgeschlagenen Nutzungen ist es vielleicht auch gar nicht schlecht, so wie es sich ergeben hat.
Und so gammelt dieses herrliche Gebäude - 2.000 qm Baujahr 1915, Denkmalschutz, Lage am Altstadtrand neben gotischem Herzogsschloss - vielleicht noch zehn weitere Jahre vor sich hin, weil man nicht weiß, was man damit machen will oder kann!
Sollten Sie eine Idee haben, melden Sie sich einfach bei der städtischen Industriefördergesellschaft, die freuen sich bestimmt!
großes Panoramabild
Gelegen am Rand einer einzigartigen Grünanlage, direkt an der Donau, in unmittelbarer Nähe zum spätgotischen Herzogssschloss in direkter Nachbarschaft zur Altstadt liegt ein Grundstück mit mehr als 40.000 qm, das die Geschichte und die wechselnden Geschicke in dieser Stadt so sichtbar macht, wie kaum ein anderer Ort in dieser unbegreiflichen Stadt. Hier war ein eminent wichtiger Teil der bayerischen Landesfestung des 19. Jahrhunderts, deren Reste heute noch im Untergrund und in Gestalt des Kavalier Dalwigk zu finden sind, und hier war mit der "Königlichen Geschützgießerei" die Keimzelle der industriellen Entwicklung dieser Stadt und hier wurde noch 1994, mitten in der Innenstadt, Eisen geschmolzen und gegossen. Dann wurde die Gießerei dichtgemacht, die Gebäude abgerissen, bis auf ein paar Reste, die der Denkmalschutz bewahrt hatte. Und hier herrscht nun seit vierzehn Jahren das, was sonst hier in der Boomtown verpönt ist, was es im Selbstverständnis der hier Regierenden und Wichtigen nicht geben darf: Stillstand, Stagnation!
Und warum:
Die Erwartungen - zu vielfältig!
Das Grundstück - zu groß!
Die Ideen -zu viele!
Die Renditeerwartungen - zu hoch!
Und deshalb kommt hier seit Jahren nichts heraus und angesichts der bisher vorgeschlagenen Nutzungen ist es vielleicht auch gar nicht schlecht, so wie es sich ergeben hat.
Und so gammelt dieses herrliche Gebäude - 2.000 qm Baujahr 1915, Denkmalschutz, Lage am Altstadtrand neben gotischem Herzogsschloss - vielleicht noch zehn weitere Jahre vor sich hin, weil man nicht weiß, was man damit machen will oder kann!
Sollten Sie eine Idee haben, melden Sie sich einfach bei der städtischen Industriefördergesellschaft, die freuen sich bestimmt!
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Amphibienfrühlng
moralist, 11:42h
So einfach geht's.
Loch graben (lassen), mit PVC-Folie auskleiden, mit Wasser befüllen, ein paar Wassergewächse pflanzen, ein paar Jahre warten.
Dann geht es jedes Jahr Ende März / Anfang April zur Sache, amphibische Orgien der Geschlechtlichkeit, das Wasser kocht vor glibbriger Geilheit.
Nach ein paar warmen Tagen sind aus den Laichklumpen Schwärme von schwarzen Kaulquappen entstanden, die sich an den im Teich reichlich vorhandenen Algen und Resten abgestorbenener Pflanzen laben.
Nach erfolgter Metamorphose verlassen die kleinen Frösche und Broozn dann das Wasser und werden zumeist von den Rasenmähermessern der ordentlichen Nachbarn massakriert, aber ein paar kommen immer durch und quartieren sich unter Hecken, Steinhaufen oder in Gewächshäusern ein, um nach ein paar Jahren ihrerseits wieder zum Laichen an den Teich zu kommen.
Dort zeigt sich seit ungefähr einem Jahr gelegentlich auch ein sehr scheuer Molch, den zu fotografieren mir noch nicht gelungen ist. Ich warte und lauere mit dem Teleobjektiv, vielleicht habe ich ja mal Glück!
Am Teich oberhalb einer kleinen Trockenmauer steht - wie es sich gehört - eine kleine Bank. Wenn man dort wieder länger als fünf Minuten sitzen kann, ohne zu frieren oder Langeweile zu empfinden, dann ist er da, der Frühling!
Loch graben (lassen), mit PVC-Folie auskleiden, mit Wasser befüllen, ein paar Wassergewächse pflanzen, ein paar Jahre warten.
Dann geht es jedes Jahr Ende März / Anfang April zur Sache, amphibische Orgien der Geschlechtlichkeit, das Wasser kocht vor glibbriger Geilheit.
Nach ein paar warmen Tagen sind aus den Laichklumpen Schwärme von schwarzen Kaulquappen entstanden, die sich an den im Teich reichlich vorhandenen Algen und Resten abgestorbenener Pflanzen laben.
Nach erfolgter Metamorphose verlassen die kleinen Frösche und Broozn dann das Wasser und werden zumeist von den Rasenmähermessern der ordentlichen Nachbarn massakriert, aber ein paar kommen immer durch und quartieren sich unter Hecken, Steinhaufen oder in Gewächshäusern ein, um nach ein paar Jahren ihrerseits wieder zum Laichen an den Teich zu kommen.
Dort zeigt sich seit ungefähr einem Jahr gelegentlich auch ein sehr scheuer Molch, den zu fotografieren mir noch nicht gelungen ist. Ich warte und lauere mit dem Teleobjektiv, vielleicht habe ich ja mal Glück!
Am Teich oberhalb einer kleinen Trockenmauer steht - wie es sich gehört - eine kleine Bank. Wenn man dort wieder länger als fünf Minuten sitzen kann, ohne zu frieren oder Langeweile zu empfinden, dann ist er da, der Frühling!
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Sonntag, 7. März 2010
Zwischen Dubai und Detroit liegt lag der Nordbahnhof
moralist, 22:18h
Nein, ich war nicht dabei. Zu kalt. Ich saß in einem alten Sessel, trank ein Pils und beteiligte mich an einer Diskussion im tiefverschneiten "Kleinen Haus" unseres Theaters zum Thema Ingolstadt – Dubai - Detroit. Heute noch eine Boomtown, morgen eine Investitionsruine übermorgen eine Geisterstadt?.
Das war allemal interessanter (zumal auch ein tapfer marxistisch agitierender Alevit anwesend war) als sich den Hintern abzufrieren und das demokratisch sauber legitimierte Zerstörungswerk der gelben Bagger mit hilflosen Buhrufen zu kommentieren. Man weiß doch eh, wie so etwas aussieht und unsere Lokalzeitung berichtet nun, da alles zu spät ist, umfänglich mit Text, Film und vielen gruslig schönen Bildern der Zerstörung!
Am nächsten Morgen, einem klaren schönen Wintersonntag, sah es dort, wo 141 Jahre lang der Stadtbahnhof der größenwahnsinnigen Provinzstadt gestanden war, so aus:
Jetzt kann es kommen, das Parkhaus!
Knapp drei Kilometer entfernt wird gerade auch der Bauernhof des CSU-Stadtrats inmitten der besten Äcker dieser Stadt plattgemacht, damit die Stadt dem Premiumproduzenten mit ein paar praktischen Lagerhallen mit Gleisanschluss dabei behilflich sein darf, die Illusion vom erfolgreichen Unternehmen noch ein paar Jahre länger aufrecht zu erhalten.
Das alles passt zu einer Stadt, für deren Machthaber Denkmäler so...
und Paläste so...
aussehen.
Das war allemal interessanter (zumal auch ein tapfer marxistisch agitierender Alevit anwesend war) als sich den Hintern abzufrieren und das demokratisch sauber legitimierte Zerstörungswerk der gelben Bagger mit hilflosen Buhrufen zu kommentieren. Man weiß doch eh, wie so etwas aussieht und unsere Lokalzeitung berichtet nun, da alles zu spät ist, umfänglich mit Text, Film und vielen gruslig schönen Bildern der Zerstörung!
Am nächsten Morgen, einem klaren schönen Wintersonntag, sah es dort, wo 141 Jahre lang der Stadtbahnhof der größenwahnsinnigen Provinzstadt gestanden war, so aus:
Jetzt kann es kommen, das Parkhaus!
Knapp drei Kilometer entfernt wird gerade auch der Bauernhof des CSU-Stadtrats inmitten der besten Äcker dieser Stadt plattgemacht, damit die Stadt dem Premiumproduzenten mit ein paar praktischen Lagerhallen mit Gleisanschluss dabei behilflich sein darf, die Illusion vom erfolgreichen Unternehmen noch ein paar Jahre länger aufrecht zu erhalten.
Das alles passt zu einer Stadt, für deren Machthaber Denkmäler so...
und Paläste so...
aussehen.
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