... newer stories
Sonntag, 27. März 2011
Entsorgung
moralist, 00:51h
Da stehen sie: Alte Bücher, kistenweise, die alten Bibliotheksstempel (K.B. Rektorat des Progymnasiums) mit schwarzem Filzstift durchgestrichen, zuerst dem zahlenden Publikum zum Stückpreis von einem Euro angeboten, dann zur allgemeinen Plünderung freigegeben.
Da stehen sie nun im Keller des frisch eingeweihten hässlichen Neubaus, dessen Bibliotheksräume bezeichnenderweise kleiner sind als die alte Bibliothek. Das, was einmal Herz und Hirn der Schule war, ist nurmehr papierener Ballast. Unnütz, vergilbt und - nach mehrern Jahren liebloser Behandlung in feuchten Kellern und Speichern - auch stinkend.
Irgendwann wurde dann ausgemistet, aussortiert was nicht mehr aufbewahrenswert erschien. Mangels klar definierter Vorgaben oder mangels Sachverstand bei den damit beauftragen Hilfskräften – den eigentlich Verantwortlichen der Stadtbibliothek sind die Altbestände der Schulbibliotheken anscheinend herzlich egal – landeten in den Ausschusskisten Atomlobbypamphlete, verklemmtkatholische Sexualaufklärungsbroschüren aus den 50er Jahren, aber auch 200 Jahre alte Horaz-Ausgaben, Schmellers bairische Mundarten, die Erstausgabe von Gustav Freytags Technik des Dramas, Geographische Bildbände von 1909, die Deutsche Grammatik von Herman Paul, die komplette Literaturgeschichte des Mittelalters von Ehrismann, Weizsäckers Weltbild der Physik und Euckens Grundlagen der Nationalökonomie.
Das sind nur einige von denen, die ich mir aus dem Wust der Schriften zur Gymnasialreform 1876ff., Broschüren zur Einweihung der lokalen Kläranlage 1973, zerlesenen Sallust-Ausgaben und Ernst Wiechert- und Gertrud von LeFort-Bänden gefischt habe.
Ich kann nicht alle retten.
Und angesichts der momentanen Weltlage, da Marschflugkörper in Tripolis einschlagen, Zehntausende Einwohner eines High-Tech-Landes in den Fluten einer apokalyptischen Sintflut ertrunken sind, Hunderttausende in Notunterkünften frieren und in Trümmerwüsten mit dem nackten Überleben beschäftigt sind, während ihre Feuerwehrmänner in improvisierten Strahlenschutzanzügen Wasser auf geborstene Reaktoren spritzen, angesichts solcher Bilder gibt es wirklich andere Probleme, als sich mit bedrucktem Papier zu beschäftigen.
Und trotzdem.
Ich weiß ja: Bibliotheken sind heute nicht mehr wichtig,
Schulbibliotheken zumal. Sie haben eine begrenzte Berechtigung bei dem, das früher mal, säuberlich getrennt von der „richtigen“, der „Zentral“-Bibliothek, Aufgabe der „Schülerlesebücherei“ war. Asterix, Was-ist-Was, Thomas Brezina-Meterware, Harry Potter, Grundversorgung der Unterstufenschüler mit Lese-„Stoff“. In die heiligen Hallen der Zentralbibliothek wurden zu meiner Zeit nur die Schüler der Oberstufe eingelassen, da saßen auch manche Lehrer und lasen Süddeutsche und Zeit (das Lokalblättchen lag im Lehrerzimmer). Der eigentliche Zweck einer wohlsortierten Schulbibliothek, unverzichtbarer Wissensspeicher zu sein für Lehrer und Schüler, ist heute obsolet.
Für die Masse der Schüler besteht die Arbeit an einem Referat heute aus dem Eintippen des Themas in die Suchmaske von Google und dem Überfliegen der ersten drei Suchergebnisse.
Das nennt man dann Medienkompetenz.
Wir brauchen keine Bibliotheken mehr.
Es gibt Google.
Bücher stinken!
Wir brauchen Beamer.
Wir brauchen Active-Boards der Firma „Promethean“
Was bleibt, ist nutzlose Melancholie.
Da stehen sie nun im Keller des frisch eingeweihten hässlichen Neubaus, dessen Bibliotheksräume bezeichnenderweise kleiner sind als die alte Bibliothek. Das, was einmal Herz und Hirn der Schule war, ist nurmehr papierener Ballast. Unnütz, vergilbt und - nach mehrern Jahren liebloser Behandlung in feuchten Kellern und Speichern - auch stinkend.
Irgendwann wurde dann ausgemistet, aussortiert was nicht mehr aufbewahrenswert erschien. Mangels klar definierter Vorgaben oder mangels Sachverstand bei den damit beauftragen Hilfskräften – den eigentlich Verantwortlichen der Stadtbibliothek sind die Altbestände der Schulbibliotheken anscheinend herzlich egal – landeten in den Ausschusskisten Atomlobbypamphlete, verklemmtkatholische Sexualaufklärungsbroschüren aus den 50er Jahren, aber auch 200 Jahre alte Horaz-Ausgaben, Schmellers bairische Mundarten, die Erstausgabe von Gustav Freytags Technik des Dramas, Geographische Bildbände von 1909, die Deutsche Grammatik von Herman Paul, die komplette Literaturgeschichte des Mittelalters von Ehrismann, Weizsäckers Weltbild der Physik und Euckens Grundlagen der Nationalökonomie.
Das sind nur einige von denen, die ich mir aus dem Wust der Schriften zur Gymnasialreform 1876ff., Broschüren zur Einweihung der lokalen Kläranlage 1973, zerlesenen Sallust-Ausgaben und Ernst Wiechert- und Gertrud von LeFort-Bänden gefischt habe.
Ich kann nicht alle retten.
Und angesichts der momentanen Weltlage, da Marschflugkörper in Tripolis einschlagen, Zehntausende Einwohner eines High-Tech-Landes in den Fluten einer apokalyptischen Sintflut ertrunken sind, Hunderttausende in Notunterkünften frieren und in Trümmerwüsten mit dem nackten Überleben beschäftigt sind, während ihre Feuerwehrmänner in improvisierten Strahlenschutzanzügen Wasser auf geborstene Reaktoren spritzen, angesichts solcher Bilder gibt es wirklich andere Probleme, als sich mit bedrucktem Papier zu beschäftigen.
Und trotzdem.
Ich weiß ja: Bibliotheken sind heute nicht mehr wichtig,
Schulbibliotheken zumal. Sie haben eine begrenzte Berechtigung bei dem, das früher mal, säuberlich getrennt von der „richtigen“, der „Zentral“-Bibliothek, Aufgabe der „Schülerlesebücherei“ war. Asterix, Was-ist-Was, Thomas Brezina-Meterware, Harry Potter, Grundversorgung der Unterstufenschüler mit Lese-„Stoff“. In die heiligen Hallen der Zentralbibliothek wurden zu meiner Zeit nur die Schüler der Oberstufe eingelassen, da saßen auch manche Lehrer und lasen Süddeutsche und Zeit (das Lokalblättchen lag im Lehrerzimmer). Der eigentliche Zweck einer wohlsortierten Schulbibliothek, unverzichtbarer Wissensspeicher zu sein für Lehrer und Schüler, ist heute obsolet.
Für die Masse der Schüler besteht die Arbeit an einem Referat heute aus dem Eintippen des Themas in die Suchmaske von Google und dem Überfliegen der ersten drei Suchergebnisse.
Das nennt man dann Medienkompetenz.
Wir brauchen keine Bibliotheken mehr.
Es gibt Google.
Bücher stinken!
Wir brauchen Beamer.
Wir brauchen Active-Boards der Firma „Promethean“
Was bleibt, ist nutzlose Melancholie.
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 15. Februar 2011
Februar?
moralist, 01:45h
Wirklich? Schon wieder drei Monate vorbei?
Das geht mir alles zu schnell!
Mein Leben plätschert so vor sich hin mit angemessenem Stumpfsinn.
Was soll man da schreiben?
Das Leben, auch meines, findet anderswo statt.
Mögen sich die geneigten Leser dortin orientieren, wo etwas passiert. Ich drohe hier vorsichtshalber schon mal mit Berichten über die Restauration eines alten Rennrades, die künftig diesen Blog füllen werden....
Das geht mir alles zu schnell!
Mein Leben plätschert so vor sich hin mit angemessenem Stumpfsinn.
Was soll man da schreiben?
Das Leben, auch meines, findet anderswo statt.
Mögen sich die geneigten Leser dortin orientieren, wo etwas passiert. Ich drohe hier vorsichtshalber schon mal mit Berichten über die Restauration eines alten Rennrades, die künftig diesen Blog füllen werden....
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 3. November 2010
Nein, ich kann mich wirklich nicht beschweren,...
moralist, 18:08h
...und wer mich kennt, weiß, dass ich mich oft, gern und laut beschwere.
Dieser Herbst ist bisher für mich als Radfahrer und empfindsamer Mensch ein Traum, kein einziges Mal wurde ich auf dem Weg zur Arbeit von Niederschlägen oder Nebelnässen durchfeuchtet. Man sieht fast täglich die Sonne und auch die Temperaturen bewegen sich auf erträglichem Niveau.
Man kann den Weg vom Arbeitsplatz nach Hause etwas weiter nehmen und den armen Schweinen, die angeschnallt in ihren vollklimatisierten rollenden Blechbüchsen sitzen und die Bremslichter des Vorderaudis fixieren, aufmunternd zunicken.
Das ist bei 0 Grad, Schneeregen und grauem Matsch auf den Wegen bedeutend schwieriger und ich bin mir nicht sicher, ob ich die vorgenannten Menschen angesichts eines solchen Wetters immer noch als "arme Schweine" bezeichnen würde. Wahrscheinlich nicht.
***
In den letzten Tagen hatten wir das schöne Wetter ja dem Föhn zu verdanken. Da ich eh beruflich in der Gegend zu tun hatte, in der der Föhnsturm blies, wollte ich unbedingt einmal dabei sein, wenn die feuchtadiabatische Abkühlung umschlägt in trockenadiabatische Erwärmung.
Dazu musste ich naturgemäß über den Alpenhauptkamm und da stand ich nun da in 2094m Höhe auf der schneegesäumten Straße.
Und ich sah zum ersten Mal in meinem Leben so etwas Ähnliches wie eine Föhnmauer.
Ein erhebender Moment!
Doch, wirklich!
Dieser Herbst ist bisher für mich als Radfahrer und empfindsamer Mensch ein Traum, kein einziges Mal wurde ich auf dem Weg zur Arbeit von Niederschlägen oder Nebelnässen durchfeuchtet. Man sieht fast täglich die Sonne und auch die Temperaturen bewegen sich auf erträglichem Niveau.
Man kann den Weg vom Arbeitsplatz nach Hause etwas weiter nehmen und den armen Schweinen, die angeschnallt in ihren vollklimatisierten rollenden Blechbüchsen sitzen und die Bremslichter des Vorderaudis fixieren, aufmunternd zunicken.
Das ist bei 0 Grad, Schneeregen und grauem Matsch auf den Wegen bedeutend schwieriger und ich bin mir nicht sicher, ob ich die vorgenannten Menschen angesichts eines solchen Wetters immer noch als "arme Schweine" bezeichnen würde. Wahrscheinlich nicht.
In den letzten Tagen hatten wir das schöne Wetter ja dem Föhn zu verdanken. Da ich eh beruflich in der Gegend zu tun hatte, in der der Föhnsturm blies, wollte ich unbedingt einmal dabei sein, wenn die feuchtadiabatische Abkühlung umschlägt in trockenadiabatische Erwärmung.
Dazu musste ich naturgemäß über den Alpenhauptkamm und da stand ich nun da in 2094m Höhe auf der schneegesäumten Straße.
Und ich sah zum ersten Mal in meinem Leben so etwas Ähnliches wie eine Föhnmauer.
Ein erhebender Moment!
Doch, wirklich!
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories