Freitag, 22. Mai 2009
Der erste Spatenstich
moralist, 14:55h
Es war der erste Spatenstich, es war der erste Spatenstich, es lag die Erde in Krumen, zerfallen vor meinem Fuß. Es läutete eine Glocke, es zitterte eine Tür. Es war eine politische Versammlung. (…)Trotzdem ich (…) nahe bei den Rednern saß – sie sprachen von einem kahlen viereckigen Sockel aus Quadersteinen herab – verstand ich nur wenig. Freilich wußte ich im voraus um was es sich handelte und alle wußten es. Auch waren alle einig, eine vollständigere Einigkeit habe ich nie gesehn, auch ich war völlig ihrer Meinung, die Sache war allzu klar, wie oft schon durchgesprochen und immer noch klar wie am ersten Tag, beides, die Einigkeit und die Klarheit waren herzbeklemmend, die Denkkraft stockte vor Einigkeit und Klarheit, man hätte manchmal nur den Fleiß hören wollen und sonst nichts.
Franz Kafka
Ich kann nichts für meine Assoziationen. Die ganze Szenerie erinnerte mich eher an ein Begräbnis als an einen Baubeginn.
Erde zu Erde, Staub zu Staub. Bizarre Grabmale: Spaten mit Helmen oben drauf. Schauplatz ist eine Kiesfläche, wo bis vor kurzem noch gigantische Öltanks gewesen sind, die üblichen Premium-Mobile, im Hintergrund der Schlachthof.
Lauernde gelbe Bagger, eine blaue Walze, blaue Container und das obligatorische Stiftl-Partyzelt.
Dann die Reden:
Der Herr Doktor Oberbürgermeister, der „liebe Alfred“: strotzend vor Optimismus und mit routiniertem Lächeln, begeistert darüber, dass Ingolstadt mit dem FC jetzt so bekannt im ganzen Land geworden ist. Über die üblichen Bedenkenträger, die überhaupt nicht begreifen, was für ein tolles Geschenk ihnen da gemacht wird, spricht er mit einer Mischung aus Mitleid und Verachtung, natürlich der Verweis auf die Saturn-Arena, wo auch zuerst alles mies gemacht wurde und jetzt so toll ist.
Der „liebe Peter“, der Vorsitzende des Aufsichtsrates spricht von einem (seinem!) Traum, der nun in Erfüllung geht und davon, dass in dem Stadion nicht nur Fußball gespielt werden soll, sondern auch „andere Veranstaltungen“ stattfinden werden. Dann der Dank an den Sponsor, den Sponsor, den Sponsor! Und die Hoffnung, dass das Projekt ohne Probleme abläuft, nicht wie bei seinen eigenen Häusern (Grins!) und das Stadion wird schön und auch die schöne Zufahrt.
Der Präsident, der „liebe Werner“ lobt natürlich den nahezu übermenschlichen Einsatz des Aufsichtsratsvorsitzenden und sein Kollege, der „liebe Walter“, der Zebrapräsident und Baulöwe freut sich, dass er das Stadion bauen darf und verspricht dass es ganz ganz toll wird und sagt, was für eine schöne Stadt Ingolstadt doch ist und verspricht nochmal, dass es ganz schön wird.
Nun müssen alle Wichtigen sich einen der 10 Spaten nehmen und einen weißen Helm mit draufgepapptem Vereinswappen aufsetzen, damit sie auch richtig lächerlich aussehen, und wirbeln ein bisschen Erde in der Luft herum. Das ist der Augenblick: Ein Fotograf choreographiert die Spatenstecher. Fotos, Grinsen, Optimismus, Entschlossenheit.
Da kommt ein Windstoß und wirft die beiden Stellwände mit den Logos der wichtigsten Sponsoren um und Tuja, Audi, Donat, Nike, Herrnbräu, und Sinalco liegen im Dreck, werden aber ganz schnell wieder aufgestellt, nicht dass jemand auf die Idee kommt, das wäre jetzt ein böses Omen gewesen!
Dann gibt es Schaumwein, der offizielle Teil ist beendet, ein paar sogenannte Journalisten fotografieren die Feiernden, halten einigen der Wichtigen Mikrofone vors Gesicht oder filmen gelangweilt herumstehende Menschen in Fan-Uniform.
Der Herr Vizepräsident, im Nebenerwerb auch noch Fraktionsvorsitzender der Christsozialen im Stadtrat und angeblich Professor für Volkswirtschaftslehre, ist auch anwesend, darf aber nicht mitstechen und hält sich besser im Hintergrund zusammen mit seinen Kollegen: dem Ex-Audi-Sozi von den Freien Wählern und dem BruderBarnabasNikolaus-Sozi. Die können noch nicht feiern, die haben noch etwas zu erledigen, die müssen noch eine Mehrheit im Stadtrat organisieren, damit die Stadt dem Verein 20 Mio. leihen darf, damit der Peter, der Werner und der Alfred ihre Untertanen auch weiterhin mit schlechtem Profifußball zwangsbeglücken können.
Franz Kafka
Ich kann nichts für meine Assoziationen. Die ganze Szenerie erinnerte mich eher an ein Begräbnis als an einen Baubeginn.
Erde zu Erde, Staub zu Staub. Bizarre Grabmale: Spaten mit Helmen oben drauf. Schauplatz ist eine Kiesfläche, wo bis vor kurzem noch gigantische Öltanks gewesen sind, die üblichen Premium-Mobile, im Hintergrund der Schlachthof.
Lauernde gelbe Bagger, eine blaue Walze, blaue Container und das obligatorische Stiftl-Partyzelt.
Dann die Reden:
Der Herr Doktor Oberbürgermeister, der „liebe Alfred“: strotzend vor Optimismus und mit routiniertem Lächeln, begeistert darüber, dass Ingolstadt mit dem FC jetzt so bekannt im ganzen Land geworden ist. Über die üblichen Bedenkenträger, die überhaupt nicht begreifen, was für ein tolles Geschenk ihnen da gemacht wird, spricht er mit einer Mischung aus Mitleid und Verachtung, natürlich der Verweis auf die Saturn-Arena, wo auch zuerst alles mies gemacht wurde und jetzt so toll ist.
Der „liebe Peter“, der Vorsitzende des Aufsichtsrates spricht von einem (seinem!) Traum, der nun in Erfüllung geht und davon, dass in dem Stadion nicht nur Fußball gespielt werden soll, sondern auch „andere Veranstaltungen“ stattfinden werden. Dann der Dank an den Sponsor, den Sponsor, den Sponsor! Und die Hoffnung, dass das Projekt ohne Probleme abläuft, nicht wie bei seinen eigenen Häusern (Grins!) und das Stadion wird schön und auch die schöne Zufahrt.
Der Präsident, der „liebe Werner“ lobt natürlich den nahezu übermenschlichen Einsatz des Aufsichtsratsvorsitzenden und sein Kollege, der „liebe Walter“, der Zebrapräsident und Baulöwe freut sich, dass er das Stadion bauen darf und verspricht dass es ganz ganz toll wird und sagt, was für eine schöne Stadt Ingolstadt doch ist und verspricht nochmal, dass es ganz schön wird.
Nun müssen alle Wichtigen sich einen der 10 Spaten nehmen und einen weißen Helm mit draufgepapptem Vereinswappen aufsetzen, damit sie auch richtig lächerlich aussehen, und wirbeln ein bisschen Erde in der Luft herum. Das ist der Augenblick: Ein Fotograf choreographiert die Spatenstecher. Fotos, Grinsen, Optimismus, Entschlossenheit.
Da kommt ein Windstoß und wirft die beiden Stellwände mit den Logos der wichtigsten Sponsoren um und Tuja, Audi, Donat, Nike, Herrnbräu, und Sinalco liegen im Dreck, werden aber ganz schnell wieder aufgestellt, nicht dass jemand auf die Idee kommt, das wäre jetzt ein böses Omen gewesen!
Dann gibt es Schaumwein, der offizielle Teil ist beendet, ein paar sogenannte Journalisten fotografieren die Feiernden, halten einigen der Wichtigen Mikrofone vors Gesicht oder filmen gelangweilt herumstehende Menschen in Fan-Uniform.
Der Herr Vizepräsident, im Nebenerwerb auch noch Fraktionsvorsitzender der Christsozialen im Stadtrat und angeblich Professor für Volkswirtschaftslehre, ist auch anwesend, darf aber nicht mitstechen und hält sich besser im Hintergrund zusammen mit seinen Kollegen: dem Ex-Audi-Sozi von den Freien Wählern und dem BruderBarnabasNikolaus-Sozi. Die können noch nicht feiern, die haben noch etwas zu erledigen, die müssen noch eine Mehrheit im Stadtrat organisieren, damit die Stadt dem Verein 20 Mio. leihen darf, damit der Peter, der Werner und der Alfred ihre Untertanen auch weiterhin mit schlechtem Profifußball zwangsbeglücken können.
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