Sonntag, 31. Mai 2009
Steuergelder für die Steuersparmaschine
moralist, 00:56h
Förderung der Wirtschaft ist die beste Sozialpolitik, die es gibt.
Alfred Lehmann, DK 26.8.2006
Alfred Lehmann, DK 26.8.2006
Natürlich hat der Stadtrat den 20 Mio.-Kredit für die neue Arena durchgewunken. Blieb ihm ja nichts anderes übrig. Wo doch der erste feierliche Spatenstich schon eine Woche her ist! Wer sollte auch was dagegen haben? Der Oberbürgermeister und FC-Aufsichtsrat verspricht ein weiteres „Highlight“ nach der Saturn-Arena, (die in der gleichen Sitzung, en passant, einen Videowürfel für schlappe 500.000 € spendiert bekommt) und dem Factory Outlet Center Ingolstadt Village. Das wollen die Meisten (in diesem Fall 35 der 50 Stadträte) natürlich auch und folgen dem Macher-OB auf seinem Weg und unterstützen ihn gegen kleinliche, mutlose Bedenkenträger, die das „Leuchtturmprojekt“ noch auf der Zielgeraden zu Fall bringen wollen. Solche Typen, wie diesen Rettungssanitäter von den Sozis, den nicht mal der Vereinskollege und SPD-Fraktionschef ( “Fußballer durch und durch“) einnorden konnte. Gut, dass es noch die „vierte Macht“ gibt, der Artikel über diesen üblen Rennegaten in der „unabhängigen Tageszeitung“ ist genau rechtzeitig erschienen, wie in der guten alten Breschnew-Prawda! Aber die Sozis sind ja sowieso bloß ein lästiges Gschwerl, mit ihren 8 Stadtratssitzen. Da hat die CSU-Fraktion mit ihren 23 Sitzen ganz anderes Gewicht und die ist vor allem immer so zuverläsig, sie hat ja auch den Herrn Professor als Vorsitzenden, der ihr die Welt erklärt, und wenn der Herr Professor jetzt sagt, dass wir das Stadion brauchen, dann stimmt das auch, ned wahr?, denn der muss es schließlich wissen, er ist ja der Vizepräsident vom FC. Die FW sind zuverlässig gespalten wie meist, aber die haben ja auch einen Aufsichtsrat des FC in ihren Reihen! Zwei der drei grünen Stadträtinnen sind dafür, denn es gibt als Zuckerl das Stadion im green goal -Standard. Der armselige Rest (ÖDP, Linke, FDP, REP) interessiert eh niemanden.
Jetzt bekommt Ingolstadt also das Stadion.
Nun ist eine solche Arena nur vordergründig ein Ort, den man aufsucht um dort Profi-Fußballspiele zu sehen. Dies mag für die meisten Besucher der Anlass sein und für die vielen entbehrlichen Trottel auch der Zweck des Besuchs.
Aber um die geht es nicht.
Worum geht es dann?
Na?
Ums Geld!
Worum denn sonst?
Niemand hat das so deutlich gemacht wie Uli Hoeneß bei seinem berühmten. Ausraster.
Den Leuten „in der Loge“ das Geld aus der Tasche ziehen, das ist der Zweck eines solchen Stadions. Jetzt sollten wir natürlich meinen, dass die Geldsäcke nicht so blöd sind, sich vom Uli oder seinen hiesigen Kollegen das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Aber da gibt es einen ganz einfachen Trick:
Das Steuerrecht!
Wenn so ein typischer Leistungsträger unserer Gesellschaft, ein Selfmademan und Mittelständler seine taxophoben Neigungen so richtig ausleben will, dann motiviert er nicht nur seine Mitarbeiter mit einem Dienstwagen als Gehaltsbestandteil – kostet keine Sozialabgaben, ist als Betriebsausgabe von der Steuer absetzbar – sondern er beglückt seine „Geschäftspartner“ mit einer ebenso steuerlich absetzbaren lustigen sams- oder sonntäglichen Sause in der VIP-Lounge!. Jetzt rundet sich das Ganze zu einem fiskalischen Meisterwerk: Die Stadt vergibt aus Steuergeldern einen Kredit, der vom Stadionbetreiber auch mit Einnahmen von VIP-Logen-Mietern getilgt wird, die damit ihre Steuerlast reduzieren, genauso wie die anderen Sponsoren mit ihren Werbezahlungen!
Und so ist das Stadion ein perfektes Abbild unserer Gesellschaft: Die sehr wichtigen Leute genießen die einzigartige Atmosphäre in ihrer Lounge, die Gläser klirren, der Lachs mundet, während der ordinäre FC-Fan sich lieber noch schnell ein Herrnbräu aus den green-goal-konformen Mehrwegplastikbechern in den Hals gießt und der Rest sitzt am Wochendende daheim fluchend am Tisch, die Steuerunterlagen ausgebreitet und findet ums Verrecken nicht die blöde Überweisungsquittung für die Handwerkerrechnung über 79,90 €, aber ohne die gibt’s nix!
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